Draußen zu Hause?
Irgendwo draußen übernachten. Möglichst unter freiem Himmel. Nur das Nötigste dabei haben. Bis gestern hatte ich sowas noch nie ausprobiert.
Über das Mikroabenteuer "Allein unter'm Sternenhimmel".
Abenteuer für Jedermann
Der Begriff "Mikroabenteuer" begegnete mir zum ersten Mal in "Ausgebüxt" von Jana und Patrick Heck. Etabliert hat ihn der britische Autor Alastair Humphreys:
"Meine Definition eines Mikroabenteuers ist genau, was der Name suggeriert. Es handelt sich um ein richtiges Abenteuer, eben nur nicht ein großangelegtes. Ein lokales, kostengünstiges, simples, kurzes Abenteuer."
(Alastair Humphreys in der GEO)
Als Wegbereiter der Mikroabenteuer-Idee in Deutschland gilt der Hamburger Journalist und Abenteurer Christo Foerster. Sein "Mikroabenteuer: Das Praxisbuch." habe ich - ebenso wie das eingangs genannte "Ausgebüxt" - verschlungen. "Raus und machen", darum geht es!
Das will ich auch!
Und so wurde ich angefixt. Dank der vielen Tipps aus o.g. Lektüre und ein bisschen Internetrecherche fiel die Wahl für mein erstes Mikroabenteuer auf eine Übernachtung im Trekkingpark Sauerland. Dort gibt es an den Wanderwegen Diemelsteig und Uplandsteig insgesamt neun online buchbare Übernachtungsplätze. Genauer gesagt, Holzplattformen mit Platz für maximal zwei Zweierzelte, daneben eine Komposttoilette und (zumindest in meinem Fall) eine Schutzhütte.
Was man so braucht - oder auch nicht...
Wenn man sich über Trekking und Biwakieren informiert, wird schnell klar: Man könnte ohne Ende Geld in Ausrüstung stecken! Und ich finde tatsächlich sehr verlockend, was es da alles so gibt... Letztlich habe ich für dieses Mikroabenteuer aber nur einen neuen Schlafsack (wesentlich leichter als mein altes, gut 30 Jahre altes Modell), ein bisschen Koch-Equipment und ein Notfallzelt (für 17 € keine Riesen-Investition) gekauft.
Apropos Zelt: Wenn irgend möglich, wollte ich unter freiem Himmel übernachten. Von wegen Sternenhimmel und so. (Davon abgesehen: Ich besitze gar kein Zelt, und viel Geld ausgeben wollte ich ja nicht.) Ein kleines Ass im Ärmel für eventuell widrige Wetterumstände wollte ich dann aber doch haben. So kam es zum Kauf des Notfallzeltes. Im Grunde nicht mehr als eine wasserdichte Plane mit Seilen und Heringen, die man als Tarp, Tunnelzelt oder sonst irgendwie als Schutzvorrichtung aufbauen kann.
Dass ich für die eine Übernachtung keine großen Outdoormenüs kochen würde, war klar. Die Möglichkeit, Wasser für eine Tütensuppe am Abend und den Kaffee am Morgen zu kochen, wollte ich aber schon haben. Ein kleiner Esbitkocher sowie ein Edelstahlbecher, der auch als Topf dienen kann, sollten diesen Zweck erfüllen.
Bei dm entdeckte ich zufällig noch Zahnputztabletten, die quasi fast ohne Wasser funktionieren. Eigentlich eher ein Gag, aber wer weiß, ob mir sowas langfristig nicht nützlich sein kann. Und so frisch geputzte Beißerchen sind ja durchaus was Feines. ;-)
Und los!
Eigentlich war mein Anspruch, mit dem Rucksack auf dem Rücken aus dem Haus zu gehen, zum Bahnhof zu laufen, den Zug nach Willingen zu nehmen und von dort aus zur Übernachtungsplattform (laut Google Maps etwa eine Stunde Fußweg) zu wandern. Wenn schon Abenteuer, dann aber richtig!
Letztlich fühlte ich mich mit dem Auto aber besser beraten - falls es mir da draußen zu unheimlich würde, könnte ich schlimmstenfalls immer noch nach Hause fahren oder wenigstens im Auto schlafen. Kopfkino kann ich nämlich leider ziemlich gut - gerade, was Angst betrifft. Ich wollte also lieber auf Nummer sicher gehen.
Warum ich überhaupt so weit gefahren bin? Weil es - so weit ich weiß - in der näheren keine Möglichkeit gibt, einfach so im Wald zu übernachten. Rein rechtlich darf man in Hessen nachts die Waldwege nicht verlassen - aber wer will schon auf einem Waldweg schlafen? Also dachte ich, zumindest für den Einstieg ist ein offizieller Naturlagerplatz am besten geeignet. Und die gibt es leider nur an bestimmten Stellen in Deutschland.
Meine Übernachtungsplattform liegt am Uplandsteig in der Nähe der Schwalenburg. Ich fuhr bis in den Ort Schwalefeld und lief die knapp anderthalb Kilometer bis zur Plattform hoch. Ganz so abgeschieden, wie von der Tourist-Info beschrieben, liegt dieser Naturlagerplatz zwar nicht (es kamen am Nachmittag diverse Menschen vorbei), aber vielleicht war das für den Einstieg auch gar nicht so schlecht.
Abend
Mit den Spaziergängern, Sportlern und anderen Mitmenschen ging es noch eine Weile weiter, aber ich hatte ja meine schöne Holzplattform, die mir tatsächlich ein kleines Zuhause-Gefühl gab. Und wegen der Holzplanken auch so eine Art Schiffsdeck-Feeling. Ahoi im Sauerland! Also saß ich erst mal auf meinem Sonnendeck und las gepflegt in einem Buch. So ein Mikroabenteuer ist ja schließlich auch eine Art Mikrourlaub.
Irgendwie schien es mir aber wichtig, nicht gleich raushängen zu lassen, dass ich gedenke, auf der Plattform zu übernachten, so dass ich mein Gepäck erst mal unter der Plattform verstaut habe. Was, wenn die hier wissen, dass ich hier übernachte? Nicht, dass dann später jemand wieder herkommt... Kopfkino halt.
Aber irgendwann hatte ich dann doch zu viel Lust, mich einzurichten und mein Kochzeug auszuprobieren. Den Praxistest "Tütensuppe kochen" haben Esbitkocher, Edelstahltasse und ein improvisierter Deckel sehr gut gemeistert. Abendessen gerettet! (Es gab auch noch andere Sachen, aber die musste ich nicht kochen. ;-) )
Nacht
Nach einem kleinen Spaziergang, bei dem ich (leider) schon wieder auf Menschen traf, las ich noch weiter, bis es zu dunkel dafür wurde. Tja, und was macht man dann? Nicht, dass ich so dolle müde gewesen wäre, aber ich wollte auch nicht mehr rumlaufen, also richtete ich mein Nachtlager ein und legte mich hin.
Um 21 Uhr. Mit Schlafsack und Isomatte. Auf eine Holzplattform im Sauerland.
Ja, da waren Geräusche. Rascheln im Gebüsch (Mäuse? Marder?), Autos in der Ferne, hin und wieder Vogelschreie. Aber eigentlich - und das fand ich sehr toll - nichts, was mich wirklich beunruhigt hätte! Gegen 23:30 Uhr - da hatte ich tatsächlich schon eine Runde geschlafen - kam noch mal ein Auto in der Nähe vorbei, aber da es nicht langsamer wurde und ich auch keine Autotür hörte, ging ich davon aus, da ist kein Killer unterwegs, der es auf mich abgesehen hat.
Und so wurde es eine echt schöne Nacht! Mit insgesamt fast acht Stunden Schlaf, zwar immer wieder mal unterbrochen, aber nie von Angst oder gar Panik. Es war sternenklar, irgendwann kam natürlich der Mond dazu und dann fiel sogar eine Sternschnuppe! Richtig wach geworden bin ich erst, als die Sonne gerade aufging. Und das war ebenfalls sehr toll zu sehen!
Morgen
Um diese Uhrzeit war außer mir noch niemand da draußen, was den Morgen für mich sehr angenehm machte. Es war sehr ruhig, schön sonnig und ich fühlte mich sehr wohl auf meiner kleinen Plattform. "Ich hab das wirklich gemacht!"
Als Erstes ging ich rüber zur Schwalenburg (ungefähr 500 m Fußweg), die ich mir abends nicht so genau hatte ansehen können. Ein Steinmarder (vielleicht der, den ich nachts gehört hatte?) flitzte über einen Holzstapel neben der Plattform, ansonsten traf ich niemanden.
Dann war Zeit für Frühstück. Selten hat ein Kaffee so gut geschmeckt wie der an dem Morgen! Und als Ergänzung für meine Trockenobst-Nuss-Mischung hab ich sogar noch ein paar Brombeeren gefunden.
Lesen ist für mich oft Luxus, deshalb genoss ich die nächsten zwei Stunden auf meinem Sonnendeck mit Buch. In der Zeit konnte auch mein Schlafsack trocknen, auf dem ein bisschen Tau liegen geblieben war (innen aber schön trocken).
Gute Investition!
Und weiter?
Ich bin sehr froh, dass ich dieses kleine Abenteuer erlebt habe. Für Viele ist so etwas vielleicht ganz normal, aber ich war in meinem Leben bisher gar nicht mal so "der Outdoor-Freak". Und ja, ich hatte Rückenschmerzen nach der Nacht auf der Isomatte - aber die habe ich zu Hause auch oft. Also, was soll's!
Gedanken, die mir kamen:
- Wie sehr wirkt es sich wohl (positiv) aus, wenn man ein paar Tage lang
mal wirklich nur das Wesentliche bei sich hat?
- Warum weiß ich so wenig über Sternbilder bzw. Astronomie im Allgemeinen?
- Wie schafft man es, genug Wasser für so eine Trekkingtour bei sich zu haben?
- Wie und wie lange und in welchen Situationen
werde ich von dieser Erfahrung zehren?
Mein Fazit: Gerne wieder!
Vielleicht auch mal im Rahmen einer Wanderung und dann für zwei oder drei Nächte.
Draußen zu Hause - das könnte echt was werden!
Kontakt
Erst mal: Danke für's Lesen!
Falls Ihr mir schreiben wollt, freue ich mich. (Ihr kennt die Kanäle.)
Vielleicht machen wir so eine Aktion ja mal zusammen?